Darstellendes Spiel am Hilda-Gymnasium

Der Anfang am Hilda-Gymnasium

Seit dem Schuljahr 2004/05 können rheinland-pfälzische Gymnasien das Fach Darstellendes Spiel als Wahlpflichtfach im Grundkursbereich ab Klasse 11 gleichberechtigt neben Musik und Bildender Kunst anbieten. Interessant ist, dass der BundesVerband Darstellendes Spiel die Einführung des Faches auch in der Sekundarstufe I fordert, eine Idee, die sich im Laufe der Jahre hoffentlich durchsetzen wird. Unsere Schule ist bisher eines von 2 Gymnasien in Koblenz, die das Angebot im Grundkursbereich für ihre Schülerinnen und Schüler eingerichtet haben. Im Schuljahr 2007 / 2008 startete der erste Kurs, der im Schuljahr 2010 sein Abitur ablegen wird.

Wie arbeiten wir im DS-Unterricht?

Das Fach Darstellendes Spiel, das an Integrierten Gesamtschulen unseres Landes schon seit 1996 angeboten wird, war bereits in seinen Anfängen progressiv und innovativ, da es die Forderungen nach einer veränderten Lernkultur in die Unterrichtspraxis umgesetzt hat. So wird stets handlungsorientiert und in Projekten gearbeitet. Einen hohen Stellenwert nimmt dabei vor allem am Anfang die permanente Arbeit an der Festigung der Gruppe ein, da wir nur als gut funktionierendes Team Ergebnisse zustande bringen. Der Unterricht ist somit zunächst geprägt von Warm-up-Phasen, Vertrauensübungen und inhaltlicher Arbeit in Kleingruppen, deren Ergebnisse in der Großgruppe präsentiert, analysiert und somit reflektiert werden. Im Vordergrund steht eine ganzheitliche Herangehensweise, Emotion, Körper, Stimme, Bewegung, Gestik und Mimik sind ständig im Einsatz oder auf einer analytischen Ebene Thema, sowohl bei der Produktion als auch bei der Rezeption von szenischen Elementen und Einheiten, gesamten Szenen oder szenischen Collagen.

Was lernen Schülerinnen und Schüler über Theater?

Innerhalb der einzelnen Projekte arbeiten wir zu Themen oder Texten, die in der Regel der Erfahrungswelt der Schüler entstammen oder bei denen eine möglichst große Annäherung der Schüler an die Thematik die Zielsetzung sein soll. Die Schüler sollen die Bereitschaft entwickeln können, sich mit dem Unterrichtsstoff auf allen im DS-Unterricht erforderlichen Ebenen auseinander zu setzen. Längerfristig sollen diese dabei entstehenden Produkte in ein szenisches Stück bzw. eine szenische Collage münden, das die Lerngruppe selbst entwickelt und eventuell auch einem Publikum zeigt. Die Entstehung solch eines präsentierbaren Produktes erfordert allerdings Zeit, Übung und hat als Voraussetzung ein angenehmes Kursklima.

Eingebunden in diese jeweiligen inhaltlichen Schwerpunkte erfolgt eine sukzessive Annäherung an das, was Theater ausmacht:

  1. Verschiedene theatrale Ausdrucksträger: Auf den Spieler bezogene Elemente (Körper, Stimme, Sprache), Bühnenspezifisches (Kostüm, Maske, Requisit, Raum, Kulisse, Licht) und akustische Elemente (Geräusch, Klang, Musik) werden erprobt und in ihrer Wirkung reflektiert.
  2. Strukturen und Inhalte: Inhaltliche Kategorien (Epochen, Stoffe, Themen...), Bauformen (gebundene und freie Formen) und Spielvorlagen (dramatische, nichtdramatische und eigene) werden in Zusammenhang gebracht mit möglichen Spielformen (körper-, text-, musik-, figural- oder medial orientiert).
  3. Ästhetische Gestaltung: Auf dieser Ebene versuchen wir Einzelszenen bzw. Szenenabfolgen wirkungsvoll zu gestalten und inszenatorische Entscheidungen zu treffen und zu begründen.
  4. Ästhetische Wahrnehmung: Wir arbeiten ständig sowohl auf produktionsästhetischer- wie auf rezeptionsästhetischer Ebene. D.h. wir versuchen ästhetisch wirkungsvoll zu gestalten, wahrzunehmen und uns zu erklären, warum uns etwas auf bestimmte Art und Weise anspricht.
  5. Theaterkunde: Natürlich spielt auch das Wissen um Theatertradition und -entwicklung eine Rolle bei den eigenen Versuchen theatraler Umsetzung von Intentionen.
  6. Besuch von Theaterveranstaltungen: Und nicht nur das Wissen um Theatertradition ist von Bedeutung, sondern auch das Erleben von zeitgenössischem Theater bei dem Besuch von Theaterveranstaltungen. Hierbei wären für das Hilda-Gymnasium als nachhaltige und sehr lehrreiche Erfahrungen für Schüler wie auch für mich die Besuche von Vorstellungen vor allem am Staatstheater Mainz zu erwähnen und in diesem Zusammenhang die dort ansässige Theaterpädagogin Frau Dr. Walburg Schwenke, die jederzeit dazu bereit ist, nicht nur durch Zusendung von anschaulichem Informationsmaterial zu den Stücken, sondern auch die Stücke mit uns vor- und nachzubereiten, Begegnungen mit Schauspielern zu organisieren oder auch ein sehr interessantes Patenklassenprojekt zu dem Stück von Nuram Calis, „Live fast - die young" mit uns durchführte. Sie trug und trägt dazu bei, dass mehr als ein Funke bereits übergesprungen ist und bei vielen Hilda-Schülern ein großes Interesse für Theater entwickelt hat. In Planung ist zur Zeit auch eine engere Zusammenarbeit mit dem Stadttheater Koblenz und der seit 2 Jahren dort ansässigen Theaterpädagogin, Frau Zimmer.

Was bringt das Fach den Schülerinnen und Schülern?

Meine Kreativität wird gefördert, indem ich mich auf ungewöhnliche und anspruchsvolle Aufgaben (z.B. Halten einer Rede der Neuberin) einlasse. Ich lerne, spontaner zu sein. (Lija)

Ich habe einen Einblick in die Theaterwelt erhalten mit allen ihren Facetten; ich habe die Welt der professionellen Schauspieler kennen gelernt und natürlich die Menschen, die zu einem gelungen Stück beitragen und die so voller Emotionen und Fantasie sind; (Anastasia)Ich habe gelernt, mir selbst mehr zuzutrauen und offen an jede neue Herausforderung heranzugehen. Durch die Erfahrungen im Fach Darstellendes Spiel gehe ich anders mit Menschen um. Ich bin ihnen gegenüber offener und nehme mehr Rücksicht. (Sonja)Ich habe gelernt, mich schnell und so gut wie möglich in vorgegebene Situationen hineinzuversetzen und bestimmte Emotionen wiederzugeben. (Janine) Ich bin viel selbstsicherer und selbstbewusster geworden. Ich kann auch ohne Probleme in anderen Fächern gut Referate halten oder Ähnliches. (Kim) Ich habe keine Angst mehr, vor vielen Menschen zu stehen (Sonia).

So oder ähnlich antworteten die Schüler des ersten Kurses nach 2 Jahren Erfahrung mit dem Fach Darstellendes Spiel. Allerdings warnen sie auch davor , das Fach zu wählen, wenn man keinen Teamgeist und Toleranz mitbringt (Lisa), wenn man sehr introvertiert ist oder nicht dazu bereit, sich auf Neues einzulassen (Isabelle), wenn man nicht gerne mit anderen zusammen arbeitet (Elisabeth), wenn man nicht dazu bereit ist, Zeit außerhalb des Unterrichts für diese Fach zu investieren; wenn man kritikunfähig ist (Lesley), wenn man sich nicht gerne körperlich betätigt. (Denise), wenn man Schule nicht gerne mag und nur seine Zeit absitzt (Kim). Es ist einfach eine interessante Alternative zum Alltag und eine ganz andere Art von „Kunst" (Denise), und sie warnen auch vor der Wahl des Faches wenn man meint, man würde leicht an gute Noten kommen (Amelie). Und wenn man es nun wählt, sollte man Spontaneität und Disziplin mitbringen, kontaktfreudig sein und Spaß daran haben, Theaterstücke zu sehen. (Nicolina)

Die Frage, was das Fach den Schülerinnen und Schülern bringt, kann auch mit Bezugnahme auf den didaktischen Hintergrund beantwortet werden:

Durch das Fach DS kommen die Schülerinnen und Schüler sowohl als Produzenten als auch als Rezipienten mit einer zentralen Kunstform unserer Gesellschaft in Berührung. Dadurch, dass sie sich in kreativen Lernprozessen auf Ungewohntes einlassen und somit über die Wirklichkeit ihres Alltags hinausgelangen, werden sie offen für kulturelle Vielfalt. Sie entwickeln eine besondere Selbstwerterfahrung und die Fähigkeit sich in der Kommunikation darüber auszutauschen. Durch dieses Fach werden neue Horizonte geöffnet, was besonders schön ist, da Schule wegen der Vorgabe bestimmter Regeln häufig sehr unflexibel ist. (Mariana)

Der DS-Unterricht trägt in hohem Maße dazu bei, dass unsere Schülerinnen und Schüler Kompetenzen erwerben, die zukunftsfähig und emanzipatorisch sind. So fördert das Fach unter anderem die Imaginationsfähigkeit, also die Fähigkeit, sich etwas vorzustellen und sich so in Menschen, Situationen, Räume, Dinge usw. hineinzuversetzen. Dies geschieht u.a. durch das Erfinden von Rollen, Situationen, Konflikten, Lösungen etc., wodurch auch eine weltoffene Grundhaltung und die Toleranz gegenüber Fremdem angebahnt werden kann. Und außerdem: Der DS-Unterricht hilft SchülerInnen selbstbewusster zu werden und ermöglicht eine Abwechslung zum normalen Unterricht. (Julia)

In der szenischen Gestaltung erschaffen die Schülerinnen und Schüler eine zweite Welt des "als ob", in der sie unbeschadet Erfahrungen machen, Handlungsweisen erproben und so ihre Persönlichkeit weiterbilden können. Durch das Schaffen eines Kunstwerks machen sie ihrem Publikum Deutungsangebote, denen eine kritische Auseinandersetzung mit Welt und Umwelt vorangegangen ist und die für den Rezipienten genügend Leerstellen zur Reflexion beinhalten - ein handlungsorientiertes produktives Arbeiten auf hohem intellektuellem Niveau.
Ferner entwickeln sie durch die für DS typische Unterrichtsform, nämlich die Arbeit in Kleingruppen, die Fähigkeit, Probleme gemeinsam zu lösen. Durch ständiges Ausprobieren, Beurteilen, Verwerfen und Entscheiden können sie lernen, die Sache in den Vordergrund zu stellen und Ziele in Zusammenarbeit mit anderen zu verfolgen und zu erreichen.

Ein besonders eindrucksvolles Projekt mit "Folgen"

Während insgesamt drei Besuchen im Mainzer Staatstheater konnten wir, die 16 Schülerinnen des Kurses „Darstellendes Spiel" der 12. Jahrgangsstufe Theaterluft schnuppern und hautnah miterleben, wie eine Inszenierung zustande kommt.

So besuchten wir Anfang Januar zum ersten Mal ein sogenanntes Konzeptionsgespräch und trafen dort auf die Verantwortlichen für die Produktion des Stückes „Frühlingserwachen! Live fast – Die Young" von Nuram Calis. Somit lernten wir auch den engagierten, jungen Regisseur Andrè Rößler und die muntere Dramaturgin Katharina Gerschler persönlich kennen, die uns beide bereitwillig sowohl den Prozess einer Inszenierungsmodernisierung sowie das geplante Bühnenbild und die vorgesehenen Kostüme erklärten, Dabei standen sie unseren neugierigen Fragen Rede und Antwort und waren ebenfalls sehr an unserer eigenen Meinung dazu interessiert. Im Anschluss daran folgte noch eine Führung durch das gesamte Staatstheater, bei der wir unter anderem Requisiten- und Kostümlager, Maske und Werkstatt sowie viele andere interessante Räumlichkeiten mehr bestaunen konnten.

Unser zweiter Besuch erfolgte schließlich ungefähr einen Monat später. Dieses Mal durften wir eine Theaterprobe erleben und konnten den Regisseur zusammen mit den Schauspielern in einem kreativen Schaffensprozess beobachten. Diese Erfahrung war für uns sehr lehrreich, da wir erkannten, wie detailliert manchmal nur ein einzelner Satz, den ein Schauspieler spricht, diskutiert werden muss, bis er sich perfekt in das spätere Gesamtkunstwerk einfügt. Im Anschluss an die Hospitation konnten wir noch einmal mit Andrè Rößler sowie zwei Schauspielern über das eben Gesehene diskutieren und Fragen stellen. Unklare Symbole oder theatrale Zeichen wurden hier gemeinsam entschlüsselt, aber auch Verbesserungsvorschläge von unserer Seite wurden aufmerksam zur Kenntnis genommen.

Für den zweiten Teil des Tages war nun noch ein Workshop mit der Theaterpädagogin , Frau Dr. Walburg Schwenke, geplant. In den dafür vorgesehenen 2 1/2 Stunden setzten wir zusammen mit ihr unsere gesammelten Eindrücke bezüglich der Probe, aber auch des Stoffes im Allgemeinen spielerisch in kleine Szenen und Standbilder um.

Der dritte Teil dieses Projektes war für uns alle etwas Besonderes, denn er bestand aus dem Besuch der Premiere des Stückes. Am 14. Februar fuhren wir, in Begleitung weiterer theaterinteressierter Hilda-Schülerinnen nach Mainz, um uns dieses Ereignis anzusehen. Als besonderes Highlight durften wir als Patenklasse auch noch bei der anschließenden Premierenfeier bleiben. Dort konnten wir dann zusammen mit den Schauspielern und allen anderen Beteiligten der Inszenierung feiern und uns natürlich auch ein Andenken in Form von Autogrammen besorgen.

Wir möchten uns an dieser Stelle zunächst einmal herzlich bei der Sparkasse Koblenz, der Buchhandlung Reuffel und dem Förderverein des Hilda-Gymnasiums bedanken, dass sie uns dieses außergewöhnliche Projekt ermöglicht haben. .... Diese Erfahrung, einmal hinter die Kulissen einer Inszenierung schauen zu können, werden wir wohl nie vergessen.

Lisa Bayer und Elisabeth Brockmann

Und die Folgen ...?

Da in dem Stück von Nuram Calis „Frühlingserwachen! (Live fast –Die young) , das sich an Frank Wedekinds „Frühlings Erwachen" anlehnt, nun mal auch die Schule eine große Rolle spielt, und unser Kurs aber die von Wedekind hervorragend karikierte Lehrerszene in der Mainzer Inszenierung so schmerzlich vermisste, begaben wir uns auf den Weg, zwei eigene Versionen dieser „Lehrerszenen", eingebettet in eine kleine Szenencollage, zu entwickeln, die sehr beeindruckend waren. Requisiten, Kostüme, Bühnenbild und nicht zuletzt der Konflikt um den es geht, wurden in äußerst überzeugender Weise in die heutige Zeit übersetzt und die DS-Gruppe ließ das Lehrerinnenherz in durchaus stolzer Weise ... höher schlagen. Zunächst war allerdings noch nicht ganz klar, ob eine Präsentation vor Publikum zustande kommen wird, denn auch dies ist alles nicht so einfach, wie manche vielleicht denken: Proben müssen außerhalb des Unterrichts stattfinden, da der 45-Minuten-Rhythmus nicht genügend Flexibilität erlaubt, Befreiung vom Unterricht für eben diese Proben passt in Klasse 13 nicht jederzeit, das Kursklima muss eine Aufführung erlauben, alle müssen dafür bereit sein, sich der Kritik zu stellen, mit ihrer Rolle klar kommen, Zeit zu investieren und und ... und ... . Aber vielleicht wird ja doch was ... aus dem „DS-Treff" oder dem „Werkstatteinblick" .... .

 

 

--- einige Wochen später .... ---

 

 

Und es wurde etwas daraus: ein „Werkstatteinblick", der von den Zuschauern sehr gelobt wurde, Mitschüler und Eltern waren begeistert, und die ebenfalls festzustellende enttäuschende Gleichgültigkeit von so manch anderer Seite wurde dadurch schnell (fast) vergessen.

Info für die 10. Klassen

Hier können sich interessierte Schülerinnen und Schüler aus der 10. Jahrgangsstufe über das Fach und seine Herausforderungen informieren.

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