Theater erleben

Seit mehr als 3 Jahren gibt es am Hilda-Gymnasium für Schüler ab Klasse 9, für Lehrer und für Eltern sowie Freunde der Schule die Möglichkeit, mehrmals im Jahr an Theaterfahrten nach Mainz und Wiesbaden teilzunehmen. Bisher standen „Klassiker“ wie „Nathan der Weise“ (G.E. Lessing), Kabale und Liebe (F. Schiller), Miss Sara Sampson (G. E. Lessing), Der gute Mensch von Sezuan (B. Brecht), Die Dreigroschenoper (B. Brecht) ebenso auf dem Programm wie Opern , das enorm beeindruckende Ballett unter dem Choreographen Martin Schläpfer, moderne Jugendstücke im TIC wie Norway today (I. Bauersima), Die Kopien (Caryl Churchill) oder Musicals wie Fame vom Jugendclub in Wiesbaden.

Zu den Zielen dieser Theaterbesuche gehört es, im Zeitalter des Computers und der Medienüberflutung Schüler an die Schauspielkunst, die Inszenierungsideen, an Texte und Themen aus moderner und alter Zeit, die auf der Bühne präsentiert werden, und nicht zuletzt an die eigene Kreativität heranzuführen. Somit erleben sie ein Stück Kultur mithilfe der Schule, jedoch außerhalb der schulischen Räumlichkeiten. Auch der Förderverein des Hilda-Gymnasiums steht diesem Konzept positiv gegenüber, was durch einen jährlichen Geldbetrag zur Unterstützung der Fahrten deutlich gemacht wird.

Circa zwei mal im Jahr können Schüler zudem an einem Workshop, der den Theaterbesuch vorbereitet, teilnehmen. Hier geht es nicht um herkömmliches Lesen und Interpretieren des Originaltextes anhand von Gesprächen. Stattdessen stehen Wahrnehmungserfahrungen, schauspielerische übungen, das Experimentieren mit Sätzen aus dem Text, Körperarbeit , Improvisationsübungen etc. , also die szenische Annäherung an die Vorstellung in Mainz oder Wiesbaden und die Sensibilisierung für die Inszenierungsideen im Vordergrund. Beispielsweise waren im Schuljahr 2005 /2006 über 20 Schüler beim Workshop zu „Nathan der Weise“ dabei und fühlten sich gerade bei einem nicht sehr leicht zugänglichen, dennoch aber wichtigen und in die Weltliteratur eingegangenen Stoff auf die Vorstellung gut vorbereitet.

Informationen über die anstehenden Theaterfahrten und Workshops erhält man entweder direkt bei Frau Hartmüller oder auf einer Stellwand im ersten Stock des Schulgebäudes Südallee. Und anmelden kann man sich über vorgedruckte Formulare, die man entweder bei Frau Hartmüller oder beim Deutschlehrer bekommt.

Konkurrenz zum Koblenzer Theater sollen diese Aktivitäten nicht sein. Es geht vielmehr um einen Beitrag zur kulturellen Erziehung und um die Ermutigung, auch in der leichter erreichbaren Umgebung ab und zu den Spielplan der einzelnen Spielorte zu studieren und sich die ein oder andere Eintrittskarte zu besorgen.

Ursula Hartmüller

Von einem Außenseiter in einer Jedermann-Gesellschaft

Am 18. Januar 2010 besuchten die Klasse 10.4 und der Kurs Darstellendes Spiel der Jahrgangsstunfe 12 des Hilda-Gymnasiums unter Leitung von Ursula Hartmüller das Mainzer Staatstheater. Dort sahen die Schülerinnen und Schüler das Drama "Andorra" von Max Frisch in einer Inszenierung von Matthias Fontheim.

Andorra

„Andorra“ begeisterte Jung und Alt!

Eine zunächst sehr schlicht wirkende Inszenierung des Dramas „Andorra“ von Max Frisch entwickelte sich im Laufe des Abends zu einem tollen Theaterstück, welches nicht nur die jungen Zuschauer begeisterte.

Der erste Eindruck war etwas ungewohnt, da das gesamte Bühnenbild, welches während der gesamten Aufführung nicht verändert wurde,  in einem einheitlichen weiß-grauen Farbton gehalten wurde. Es weckte sofort ein eher trauriges Gefühl beim Zuschauer, doch das änderte sich, auch durch die farbigen Kostüme der Schauspieler, im Laufe des Stücks. Insgesamt durchlebte man allerdings ein wahres Gefühlschaos während der Inszenierung, da teilweise gelacht wurde, teilweise aber auch nachgedacht werden musste.

Wegen der schauspielerischen Leistung der Darsteller wurde es aber nie langweilig, sondern blieb immer spannend. Die Schauspieler selbst machten einen sehr souveränen Eindruck. Vor allem Andri war es , der die Zuschauer in seinen Bann zog, was aber sicherlich auch mit seinen Lebensumständen in „Andorra“ zu tun hatte.
Geprägt wurde das Spiel auf der Bühne auch durch das quaderförmige Bühnenbild, dessen Wände zunächst noch grau waren, die aber im Laufe des Stücks von Barblin „geweißelt“ wurden. Die Vorderseite des Quaders zum Zuschauerraum hin war offen. An den Wänden entlang waren Bänke angebracht, die im Farbton der Wände gehalten waren, sodass alles wie ein großes Fundament wirkte. Viel mehr gab es in Sachen Bühnenbild nicht zu sehen, da dieses in der beschriebenen Weise das ganze Stück hindurch präsent war und nicht verändert wurde. Mit diesem Bühnenbild wurden sowohl Szenen im Freien, als auch Szenen im Haus dargestellt, sodass der Zuschauer dazu gezwungen wurde, darüber nachzudenken, wo genau die jeweilige Szene jetzt spielt. Türen, Fenster oder Sonstiges waren überhaupt nicht vorhanden.

Die Schauspieler, die nicht zur gespielten Szene gehörten, saßen immer parallel zum Publikum an der am weitesten entfernten Wand, während die aktiven Schauspieler in den Vordergrund traten, und damit u.a. verdeutlichten, wer alles zu der jeweiligen Szene gehört. Etwas störend waren die restlichen Darsteller im Hintergrund dann schon, vor allem die Senora, die nach ihrem „Tod“ immer noch auf der Bank saß. Der Zuschauer konnte sich aber eine unsichtbare Trennwand vor den übrigen Akteuren denken, denn eine Abtrennung wurde durchaus suggeriert.

Die Beleuchtung der Bühne blieb während der gesamten Inszenierung gleich, sodass das Licht keine unterschiedlichen Stimmungen erzeugen konnte. Letzteres war somit die Aufgabe der Schauspieler. Insgesamt wurden aber alle Teile der Bühne gleichmäßig hell beleuchtet, da der Zuschauer einen guten Blick auf jeden Teil der Bühne haben sollte, fast wie in einem Labor.
Abgerundet wurde das Gesamtbild durch die sparsam eingesetzten Requisiten. Die wenigen, die wirklich ins Bühnenbild eingebaut wurden, erzeugten eine große Wirkung, da sie gezielt verwendet wurden und so eine Atmosphäre entstehen ließen, die zur jeweiligen Szene passte, wie z.B. die beiden Stühle in der Szene, in der Andris Stuhl bewertet und mit dem des anderen Gesellen verglichen wird. Eine Art Hauptrequisit stellte der Farbeimer inklusive Farbrolle dar, mit der Barblin das ganze Stück über die drei Wände weißelt.
Matthias Fontheim, der Regisseur des Theaterstücks, verzichtete bewusst auf überflüssige Requisiten oder auch zusätzliche Details, die das Bühnenbild ausmachen könnten, um das Modellhafte des Stücks zu erhalten. Dies ist ihm in besonderer Weise gelungen. Die Zuschauer sollen erkennen, dass das Thema des Dramas auch ein aktuelles in unserer Gesellschaft ist, und nicht Schnee von gestern.

Abschließend stellen sich dem Zuschauer aber doch noch einige Fragen: Welche Bedeutung haben die Farben der Kleidung der Darsteller? Weshalb blieb die „tote“ Senora auf der Bühne? Warum schneidet sich Barblin kurz vor dem Ende die Haare ab? Es gibt mit Sicherheit noch weitere Fragen, die man den Theaterleuten stellen könnte, doch hiermit sollen nur wenige genannt sein.

Insgesamt war es aber eine gelungene Inszenierung, die zum Nachdenken anregte und dem Zuschauer u.a. etwas näher brachte, wie es ist, ein Außenseiter in der Gesellschaft zu sein.

Christoph Krämer Kurs Darstellendes Spiel (MSS 12)

Klares Plus für die Schauspieler

„Befehl ist Befehl“ ist die Passage, die Aufführung und Textvorlage für den Kenner und Liebhaber des Stücks Andorra von Max Frisch miteinander verbinden. Die Neuinterpretation des Schauspielhauses Zürich, die der Regisseur für das Staatstheater Mainz übernommen hat hat sich streng an die Vorlage des Dramenautors Max Frisch. Die eigenen Akzente werden somit durch die schauspielerische Interpretation, durch Kostüm, Bühnenbild und Requisiten gesetzt.

Die Kostüme drücken den Bezug zu unsere heutigen Zeit aus, indem die hauptsächlich jungen Schauspieler in Kleidung schlüpfen, die von der heutigen Jugend getragen wird: eine Mütze, lässige Unterhemden oder Tops. Die älteren hingegen tragen Anzüge und Hüte. Allein mit der Wahl der Kostüme wird eine Kernaussage des Stücks unterstrichen: Andorra ist ein Modell, das sich auf jedes Land und jede Zeit projizieren lässt.

Auch die Requisiten tragen dazu bei, das keine Zweifel an der Aktualität des Stücks aufkommen: Elemente wie ein mp3-Player werden eingebaut oder statt der Zigarillos Zigaretten geraucht. Die verschiedenen Handlungsorte werden ebenfalls durch Requisiten angedeutet, wie zum Beispiel die Kirche durch Teelichter und ein Kreuz oder das Stammlokal durch Aschenbecher und Schnapsflaschen.

Die Bühne selbst wird sehr flexibel genutzt: Was vorher noch eine Wohnung war, stellt im nächsten Moment schon eine Schreiberei dar. Auffällig ist in diesem Zusammenhang auch, dass selbst während der Handlung Verstorbene stets auf der Bühnebleiben und mit Gestik und Mimik immer noch Emotionen ausdrücken.

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Zeitweise wurde die mühevoll aufgebaute Atmosphäre auf unangenehme Weise mit einem Schlag zerstört , als nämlich das überwiegend zum Teil zu junge Publikum  an völlig unpassendes Stellen lachte oder klatschte. Doch gerade auch an solche Jugendliche richtet sich diese Inszenierung.

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Letztlich bleibt noch zu sagen, dass die Schauspieler von mir ein klare Plus kriegen, wohingegen die „Neuinterpretation“  sich etwas zu sehr an der Textvorlage orientierte.